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Geteilte Welten Kapitel 3 – In der Villa

„Wo ist eigentlich Tim?“ Tims Mutter zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht – er war nach der Schule noch nicht zuhause.“ „Dieser Bengel – wenn der so weiter macht, fliegt er noch von der Schule! Bestimmt ist er wieder bei seinen so genannten Freunden“, schimpfte Tims Vater. „Ach, lass ihn doch, Albert“, versuchte seine Frau ihn zu beruhigen. „“Er möchte was erleben – und außerdem ist doch Wochenende, da hat er ja keine Schule.“ „Dann soll er gefälligst hier auf seinem Zimmer lernen, damit aus ihm etwas wird, und sich nicht mit so zwielichtigen Gestalten herumtreiben!“ Tims Vater war außer sich, während seine Mutter inzwischen eher begonnen hatte, sich Sorgen um ihren Sohn zu machen. „Wenn er morgen noch nicht zurück ist, suchen wir ihn, in Ordnung?“ versuchte sie Tims Vater zu beruhigen.
Albertus von Hochbergen sah seine Frau an „In Ordnung, aber wenn ich das Früchtchen in die Finger bekomme – der kann was erleben!“ tobte er noch immer. Unruhig lief er im Salon auf und ab. „Sei nicht zu streng mit ihm – Du hast ihm doch schon das Taschengeld gestrichen“ mahnte ihn seine Frau. „Das Du ihm hinten herum dann doch wieder zusteckst“ donnerte er sie an, was er sofort wieder bereute. „Bitte verzeih, ich bin nur fürchterlich aufgebracht“ versuchte er sich zu entschuldigen. ‚Er hat es also doch bemerkt’ dachte sie bei sich und ihr entfloh ein leichtes Grinsen. Dann wandte sie sich wieder an ihren Mann: „Schon gut. Albert, der Junge ist 17 – es ist ja schon ein Wunder, dass er noch nicht mit einer Freundin angekommen ist. Lass ihm doch ein wenig Freiheit! Sein Leben kann doch nicht nur aus Schule und Lernen bestehen!“ Allmählich beruhigte sich auch Tims Vater wieder ein wenig. „Du hast ja Recht, wie fast immer, wenn es um unseren Sohn geht. Aber schließlich soll doch was aus ihm werden, und er soll meine Firma übernehmen.“

Sie saßen vor dem Kamin, und Margret, das Hausmädchen hatte ihnen eine Flasche Wein und zwei Gläser auf den Tisch gestellt. Sybilla von Hochbergen lehnte sich an ihren Mann an. „Ein wenig Sorgen mache ich mir ja doch um Timi“, meinte sie leise, und sah ihn an. Tim mochte es gar nicht, wenn man ihn Timi rief, und seine Mutter benutzte diesen Kosenamen nur, wenn er nicht zugegen war. „Aber heute Abend finden wir ihn wohl doch nicht mehr; hoffentlich ist ihm bloß nichts passiert!“ Nun war es an Albertus, seine Frau zu beruhigen. „Na ja, immerhin ist er schon 17, und hier im Ort brauchen wir uns wohl nicht so all zu große Sorgen machen. Er wird wahrscheinlich mit seinen Freunden irgendwo abhängen“. Das Wort „Freunde“ hatte Albert von Hochbergen allerdings mit einem sehr scharfen Unterton ausgesprochen; man merkte es ihm an, dass ihm dieser Umgang seines einzigen Sohnes überhaupt nicht gefiel. Um Punkt 22 Uhr klopfte das Hausmädchen und öffnete leise die Tür. „Haben Sie noch einen Wunsch?“ „Nein danke, Margret, gute Nacht! Wir gehen auch gleich zu Bett. Ach, doch: Haben Sie heute unseren Sohn gesehen?“ „Nein, Herr Professor, zuletzt sah ich ihn heute früh, als er zur Schule gefahren wurde.“ Obwohl das Gymnasium nur 15 Minuten entfernt lag, wurde Tim selbstverständlich morgens zur Schule gefahren. „Danke, gute Nacht.“ „Gute Nacht.“ Leise zog das Hausmädchen sich zurück, und Tims Eltern waren wieder allein. „Vielleicht sollten wir doch…“ begann Sybilla von Hochbergen erneut, brach den Satz aber dann ab. „Was? Ihn suchen? Nein, heute nicht mehr, das hast Du doch selbst gesagt. Außerdem soll er doch zusehen, wo er heute Nacht bleibt. Ins Haus kommt er jedenfalls nicht!“ Die erzürnte Stimme von Tims Vater war noch immer herauszuhören. „Ich habe alles abgeschlossen, und die Alarmanlage ist auch an.“ „Aber gleich morgen früh rufen wir seinen Lehrer an – und fragen auch im Pizzaladen nach“ antwortete sie ihm in einem bestimmenden Ton. „Ja Schatz, das machen wir. Und nun lass uns schlafen gehen.“ Schnell trank Albertus von Hochbergen noch den letzten Schluck Wein aus und stand auf.

Sybilla von Hochbergen konnte nicht schlafen – zu sehr beschäftigte sie es, wo ihr Timi jetzt wohl sein möge. Ihr Mann lag neben ihr und schnarchte. Trotz aller Sorge brachte dieser Anblick sie zu einem leisen Lächeln. ‚Albertus, mein Lieber, ich mache mir große Sorgen und Du schläfst den Schlaf der Gerechten’ dachte sie. Dann seufzte sie tief und starrte an die Zimmerdecke. ‚Wo mag er jetzt wohl sein? Er hätte ja wenigstens anrufen können’ kam es ihr in den Sinn. Schließlich öffnete sie ihr Nachtschränkchen, nahm eine Schlaftablette heraus, und spülte sie mit Mineralwasser hinunter. Eine Zeit lang dauerte es noch, bis die Tablette ihre Wirkung zeigte; Sybilla von Hochbergen lag auf dem Rücken im Bett und schaute sich im dunklen Schlafzimmer um, neben ihr hörte sie das gleichmäßige Schnarchen ihres Mannes. Der Wecker zeigte 01:30 Uhr, als sie endlich einschlief.




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