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Geteilte Welten Kapitel 6 – Die Message

Nach dem Essen lief Tim in sein Zimmer, zog sich aus, und hängte seine Kleider wieder ordentlich in den Schrank. Er warf sich den Bademantel über, legte sich auf sein Bett und schaltete seinen Laptop ein. Als er sich im Internet einloggte, erwartete ihn eine Nachricht – von Marko! Seine Hände zitterten, als er auf den „Öffnen“ – Button drückte. „Hi Timi“, stand da, „ich weiß nicht so recht, wie ich anfangen soll… aber ich glaube – falsch, ich bin mir sicher, dass ich mich in Dich verliebt habe!“ Tim schluckte, bevor er weiter las. „Außer Dir weiß es noch keiner – ja, ich bin schwul! Bisher habe ich mich noch nicht getraut, es offen auszusprechen, selbst den Anderen und Dir gegenüber nicht. Doch jetzt muss es einfach raus – ich kann es nicht länger aushalten!“ Wieder hielt Tim mit dem Lesen inne – das musste er erstmal verdauen. Doch dann siegte die Neugier, was noch in Markos Nachricht stand. Er las weiter: „Ich möchte – nein, ich muss Dich wieder sehen, so schnell wie möglich!“ Vor Tims Augen erschien das Bild von Marko, und er hatte das Gefühl, das Streicheln seiner Finger auf der Hand förmlich zu spüren. „Ich weiß natürlich nicht, wie es Dir geht, wie Du darüber denkst oder was Du fühlst, aber ich musste es Dir einfach sagen! Wir müssen uns sehen – wie auch immer Du darüber denkst, lass uns treffen und darüber reden. Bitte!“ Und darunter: „Ich liebe Dich! Dein Marko“ Eine dicke Gänsehaut überzog Tims Körper, und er dachte nach. Wie würde es wohl sein,
Arm in Arm mit „seinem“ Marko einzuschlafen und morgens aufzuwachen? „Sein“ Marko?? Tim ertappte sich dabei, dass er auf einmal noch ernsthafter darüber nachdachte, ob er vielleicht doch auch schwul ist – und spürte, dass er sich viel
mehr zu Marko hingezogen fühlte, als er sich bisher vorstellen konnte. Tim hatte Sehnsucht nach seinem Marko! Jawohl, „sein“ Marko! Auch er hatte nun das dringende Bedürfnis, diesen Jungen so schnell es nur geht wieder zu sehen! Noch mehr: er wollte ihn umarmen, küssen,… Doch dann kamen wieder seine Eltern in sein Gedächtnis: was hatte sein Vater gesagt? ‚ Ich muss auch ein wenig auf meinen Ruf achten, und wenn mein Sohn mit diesen schrägen Vögeln aus dem Ort abhängt und mit seinen Leistungen in der Schule so zurückfällt, wirft das nicht gerade ein gutes Licht auf die Firma und unsere Familie!’ Das hatte er gesagt. Und jetzt sollte er zu seinem Vater hingehen und ihm sagen: „Paps, ich bin schwul, und das hier ist Marko, er ist mein Freund?“ Nein, das ging gar nicht.

Aber erstmal musste er die Nachricht beantworten – Marko wartete bestimmt schon darauf. Also schrieb er: „Hi Marko“ – und stockte. Na toll, immerhin hatte er schon mal die Anrede geschafft…doch was sollte er nun weiter schreiben? Mit zittrigen Händen tippte er in sein Notebook: „ich hab echt keinen Plan, was ich Dir auf Deine Message antworten soll; auch ich mag Dich sehr – aber ist das wirklich Liebe? Ich bin völlig durcheinander; denn ich hatte nicht gedacht, dass ein anderer Junge mich so interessieren könnte. Irgendwie kann ich es wie Du kaum abwarten, Dich wieder zu sehen, aber ich kann Dir nicht sagen, was passieren wird, wenn es so weit ist.“ Tim hielt kurz inne und überlegte. Dann fuhr er fort: „Das Gefühl, als heute morgen Dein Arm auf mir lag und als Du beim Frühstück meine Hand gehalten hast, war einfach nur schön. Aber ich weiß nicht, ob ich mir mehr als eine Freundschaft zu einem anderen Jungen vorstellen kann. Bitte versteh!“ Wieder legte Tim eine Pause ein. Schließlich beendete er seine Nachricht: „Ich bin morgen Vormittag um 10 Uhr am See und warte auf Dich! Dein Tim“ Noch einmal las er die Message durch; soweit ok – aber sollte er wirklich schreiben „Dein Tim“? Oder vielleicht doch lieber nur mit dem Namen unter-schreiben? Er löschte das „Dein“, betrachtete die Nachricht erneut, und schrieb dann doch wieder „Dein Tim“. Es dauerte aber nochmals mehrere Sekunden, bis er auf den „Senden“ – Button drückte. Piep – eine neue Nachricht – ganz kurz, aber deutlich: „Bis morgen mein Süßer – ich liebe Dich!“ Keine Unterschrift; doch Tim wusste genau, woher sie kam. Sein Herz pochte, nun konnte er es kaum noch erwarten, Marko in die Arme schließen zu können.




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