Am Mittwoch in der ersten großen Pause stand Sara ausnahmsweise mal nicht alleine auf dem Schulhof. Vanessa und ihre Gang kamen zu ihr. Natürlich nicht, um ihr Mitgefühl angesichts der anstehenden Rohrstockzüchtigung zu äußern. Obwohl, Gefühle hatten sie schon, aber wohl das, was man Schadenfreude nennt.
„Hat sich Deine Haut am Arsch vollständig erholt?“
Es war natürlich Vanessa, die das Wort führte.
„Ich bin ja mal gespannt, ob Dein Arsch heute blutet. Ist doch wahrscheinlich, oder? Ich meine, nach gerade mal einer Woche kann sich doch die Haut nicht völlig regeneriert haben. Und wenn die Haut aufplatzt, trifft die Reitgerte direkt auf das Fleisch. Die Schläge sind bestimmt noch schmerzhafter als welche auf die Haut. Sagst Du uns hinterher wie es war? Bitte!“
Was für eine unglaublich fiese Hexe. Wie konnte jemand so gemein sein?
„Was habe ich Dir eigentlich getan, dass Du so gemein zu mir bist?“
„Ach, ich mag Dich einfach nicht. Habe ich von Anfang an nicht getan. Und deshalb ist es mir jetzt eine große Freude zuzugucken wie Du gequält wirst. Am liebsten würde ich beides gleichzeitig sehen, Deinen mit jedem Hieb roter werdenden und früher oder später blutigen Arsch, und Dein schmerzverzerrtes Gesicht. Macht übrigens Spaß zu sehen, wie Du versuchst, Dir möglichst wenig anmerken zu lassen, wie weh Dir die Reitgerte tut. Klappt nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie stark das schmerzt, aber ich nehme an, schon ein oder zwei Hiebe sind schlimm. Und Du kriegst 25! Das wird cool.“
Vanessas Begeisterung erinnerte Sara jetzt tatsächlich an die fiese Schwester aus „Fackeln im Sturm“. Es war so eine Mischung aus Schadenfreude, Gehässigkeit und Sadismus, dabei aber mit einer irgendwie kindlich anmutenden Vorfreude.
„Übrigens gut zu wissen, dass es Dir nicht nur extrem weh tut, sondern dass Du es scheiße findest, dass Du Dich vor allen ausziehen musst. Da Du oft so aufreizend gekleidet rumläufst, hatte ich Sorgen. Ich hatte noch beim Schwimmen befürchtet, dass Du es sogar noch geil findest, mit nackten Titten mitzumachen. Aber dann war ich erleichtert, denn dass es Dir tierisch peinlich war und Du Dich erniedrigt gefühlt hast, war unübersehbar. Denk morgen lieber an Deine Schwimmsachen.“
Es klingelte. Nicht, dass Sara an diesem Morgen an irgendwas anderes hätte denken können, zuckte sie doch zusammen, als ihr bewusst wurde, dass es soweit war: Geschichte bei Frau Lehmann. Der zweite Teil ihrer ungerechtfertigten Rohrstockzüchtigung. Sie hatte am Vorabend im Spiegel nochmal ganz genau ihren Po betrachtet. Von den Spuren der 25 Hiebe der letzten Woche war praktisch nichts mehr zu sehen. Nur wenn man es wusste, konnte man an zwei, drei Stellen noch Hautverfärbungen sehen. Die sahen aber eher aus wie die Reste von blauen Flecken als wie Striemen einer Auspeitschung. Sara wusste nicht, ob es Einbildung war, aber auch wenn man nichts mehr sehen konnte, reagierte ihr Po zumindest noch etwas empfindlicher auf Berührungen. Keine gute Voraussetzung.
„Guten Morgen, meine Damen und Herren.“
Frau Lehmann eröffnete die Stunde wie immer spießig. Als ob sie den Schülern wirklich einen guten Morgen wünschen würde. Aber etwas Positives hatten die „Neuen Regeln“ tatsächlich. Frau Lehmann war viel besser gelaunt als im letzten Schuljahr.
Sara dafür leider nicht.
Ende Teil 17