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Weiblichkeit

Eine Geschichte über Emanzipation, Libido, Stolz und Vernunft – eben Weiblichkeit.
© Mike Stone / Kojote / Coyote

I. – Richard

Auch wenn sie schon seit einer Stunde die Zelte abgebrochen haben, bin ich noch immer auf hundertachtzig.
Und dabei weiß ich gar nicht mal, ob ich nun mehr auf mich oder mehr auf Meier aus dem Marketing sauer bin. Sicher… Er hat sich diese Unverschämtheit erlaubt, aber ich habe ihn ja geradezu dazu eingeladen.
Dumm, Cassandra. Ganz dumm!
Aber wer hätte ahnen können, dass dieser Fettsack über so etwas wie Schlagfertigkeit verfügt, wenn er erst einmal zwei Bier intus hat?

„Sie könnten auch mal wieder einen Besuch im Fitnessstudio vertragen“, hatte ich mich in das Gespräch über Lachmuskeln und Samenstränge als Rechtfertigung für Bierbäuche eingemischt. „Frauen finden ein paar weniger Samenstränge, die dafür besser in Form sind, nämlich wesentlich attraktiver als das da.“
Ja… Martinis bekommen mir gar nicht. Ich sollte die Finger von dem Zeug lassen…

Nach dem Spruch war natürlich Schweigen im Walde bei den Männern. In Zeiten internetweiter Aufschreie über unangemessen Kommentare und Klagen wegen sexueller Belästigung bei verbalen Übergriffen lernen selbst die Deppen langsam, wann sie den Mund halten sollten.
Ich hätte es damit gut sein lassen können, denn meinen Punkt hatte ich gemacht. Die Eiserne Lady hatte mal wieder einem nassforschen Kollegen eine Schelle verpasst. Nächster Punkt auf der Tagesordnung.
Aber ich wollte wissen, was dem Blödmann auf der Zunge lag. Es war so offensichtlich, dass er eine richtig gesalzene Antwort parat hatte.

„Nur raus damit. Vergessen wir doch einfach mal für einen Moment die Geschlechter“, schlug ich dummerweise vor. Schließlich war es ein lockerer Abend zur Feier eines großartigen Vertrags. Da konnte ich auch mal großzügig sein.
Und eine unfassbare Steilvorlage liefern…
„Das ist nicht das Problem“, gab der Mistkerl süffisant grinsend zurück. „Ihr Geschlecht haben wir alle schon längst vergessen.“

Das saß. Natürlich. Ich kaue noch immer daran.
Mit einem einzigen Spruch, für den ich ihn noch nicht einmal an den mickrigen Eiern gepackt kriege, hat er nicht nur die Schlacht gewonnen, sondern gleich den ganzen Krieg.
Und mir gehörig die Laune verdorben.

Ich weiß ja, dass mich die meisten Kollegen für eine frigide Zicke halten, aber sehen sie mich wirklich schon nicht mehr als Frau? Habe ich meine Weiblichkeit auf dem Altar der Karriere geopfert?
Ich blicke in den Spiegel der Diskotoilette und sehe eine Frau. Seriöse Hochsteckfrisur, businessmäßiges Kostüm mit Bluse und ganz dezente Schminke. So wie es sein sollte, wenn eine Frau im Büro nicht wie ein Flittchen wirken will. So wie…

Ach fuck! Das ist unfair!
Wieso darf ich nicht die Knöpfe der Bluse so weit aufmachen, dass man meinen sauteuren BH zumindest ansatzweise erahnen kann? Wofür habe ich vierhundert Euro ausgegeben, wenn kein Schwein das Ding zu sehen bekommt?
Ich fühle mich rebellisch, als ich vier Knöpfe öffne. Und noch viel rebellischer, als ich die Klammern aus den Haaren nehme und sie ausschüttele.
Und dann fühle ich mich saublöd, weil ich aussehe, wie ein unordentlich gerupftes Huhn.

Die Hand, die sich in mein Blickfeld reckt, lässt mir fast das Herz stehenbleiben. Ich habe die dunkelhäutige Frau in den ultrakurzen Partyklamotten neben mir am anderen Waschbecken nicht einmal bemerkt.
Sie hält mir eine Bürste hin. Ich sehe sie an und runzle die Stirn.
Sie lächelt nur. Offen, freundlich, ohne erkennbare Hintergedanken. Und warum sollte sie auch welche haben?
Sie ist locker fünf Jahre jünger als ich, aber wenn ich mein Leben betrachte, könnten es auch fünfzehn sein. Wie lange ist es her, dass ich diese Art von Solidarität unter völlig fremden Frauen erlebt habe?

Ich seufze und spüre, wie mir die Tränen kommen. Einfach so.
Dass die kaffeebraune Schönheit mir daraufhin mit sanften Fingern über die Seite meines Oberkörpers kitzelt, trifft mich unvorbereiteter, als irgendetwas anderes in den letzten zwölf Monaten.
Ich kichere unwillkürlich, weil ich gar nicht anders kann. Und dann schnaube ich und starre sie böse an. Was soll der Scheiß?

„Man kann nicht gleichzeitig lachen und weinen“, sagt sie mit samtiger Stimme. „Und wenn du weinst, brauchen wir eine Stunde, um dich wieder herzurichten.“
„Was?“, stammele ich. „Warum…?“
„Frauen halten zusammen, richtig? Vor allem gegen Arschlöcher. Wer immer sie sein mögen und was immer sie getan haben.“

Sie sagt das, als würde es alles erklären. Und das tut es verdammt noch mal auch.
Grimmig nickend nehme ich die Bürste und bringe Ordnung in das Rattennest. Ich will verdammt sein, wenn ich mir von einem so saudummen Spruch den Abend verderben lasse.
Selbst wenn… er wahr ist?
Shit! Da kommen die Tränen wieder…

Meine neue ‚Freundin‘ beobachtet mich und sieht es kommen. Diesmal sieht ihre Taktik zur Verhinderung aber anders aus.
Sie gleitet hinter mich – Scheiße, wie kann sie sich auf diesen Absätzen so bewegen? – und legt ihre Arme um meine Hüfte. Ohne ihre hohen Absätze wären wir gleichgroß. So kann sie jedoch ganz leicht ihren Kopf über meine Schulter schieben und ihre Wange an meine Schläfe legen.
Was die Tränen aber wirklich wieder zurückdrängt, ist die Hand, die von unten meine linke Brust berührt und sie leicht anhebt.

„Man kann auch nicht gleichzeitig überrascht sein und weinen“, erklärt sie ihrem Spiegelbild und der anderen Frau darin, die mit weitaufgerissenen Augen völlig fassungslos auf das Geschehen starrt. „Habe ich von meinem kleinen Sohn gelernt.“
„Findest du mich männlich?“, winselt die komische Frau im Spiegel mit der entfernten Ähnlichkeit zu mir.
„Süße…“, haucht sie mir ins Ohr. „Wenn ich dich männlich finden würde, hätte ich dich niemals angefasst.“

Alle Tränen sind vergessen, als ich ihren unglaublich sinnlichen Tonfall verdaue und dabei meinem Spiegelbild zusehe, wie es die Augen auf Untertassengröße aufreißt.
So sieht also ein Reh im Scheinwerferlicht aus? Aha…

Ich bin völlig perplex, denn alle meine Antennen sagen mir, dass sie mich anmacht. Alle Antennen und… nun… ihre Hand, die sich sachte ein wenig weiter auf meine Brust schiebt, vielleicht auch.
Mit funkelnden, braunen Augen sieht sie mich im Spiegel an. Ihre Lippen sind leicht geöffnet und schimmern einladend.
Whoops! Stopp! Ich bin doch nicht…

„Muss eine Frau lesbisch sein, um von einer Frau getröstet zu werden?“, fragt sie.
Wie zum Henker kann eine Stimme so unfassbar sinnlich klingen? Und woher zum Teufel weiß sie, was ich gedacht habe?
Gut… Wenn ich mein Gesicht betrachte, ist die zweite Frage leicht zu beantworten.

„Was du jetzt wirklich brauchst, ist Bestätigung“, raunt sie mir zu. „Wir machen dich zurecht und dann gehst du da raus und lässt dir von ein paar Männern den Hof machen. So richtig.“
„Aber…“, will ich widersprechen.
Da sprechen tausend Gründe dagegen. Und neunhundert-neunundneunzig haben mit meinem Ruf und meinem Job zu tun.
„Kein ‚aber‘ heute Nacht“, sagt sie beschwörend und blickt mir dabei in die Augen. Ich fühle mich wie Mogli in der Umarmung von Kaa. ‚Hör auf mich… Glaube mir…‘
Und – so absurd ich das selbst finde – ich will es.

„Heute Abend bist du keine taffe Geschäftsfrau“, suggeriert sie mir. „Du bist eine heiße, kleine Büromaus. Und das einzige Wort, das du nicht fehlerfrei tippen kannst, ist Emanzipation.“
Ich muss kichern, weil das ziemlich absurd ist. Aber dann klappt mir die Kinnlade runter, weil ich kichere wie ein Teenager. So wie ich es seit zehn Jahren schon nicht mehr getan habe.
„Du bist sexy und unter deiner seriösen Oberfläche heißer als ein Vulkan. Wir müssen nur dafür sorgen, dass du das nicht wieder vergisst, wenn du da raus gehst.“
„Und… wie tun wird das?“, höre ich meine Stimme fragen.

Eine knappe habe Stunde später weiß ich die Antwort. Und ich kann noch immer nicht fassen, dass ich mich darauf eingelassen habe. Martinis sind definitiv nicht gut für mich.
Aber – so sehr ein Teil von mir das auch verachtenswert findet – es funktioniert!
Ich verlasse die Toilette, nachdem ich mich beinahe selbst im Spiegel nicht mehr erkannt hätte. Und dass, obwohl Sasha mir nur die Haare frisiert hat und mit etwas Kajal und Lippenstift einen Hauch mehr Ausdruck in mein Gesicht gebracht hat.

Gut… Einen wichtigen Beitrag leistet der Umstand, dass meine Bluse noch immer vier Knöpfe weit geöffnet ist. Nur einen Ansatz von BH wird niemand mehr dort sehen, denn der steckt in meiner Handtasche. Zusammen mit meinem Höschen.
Rouge trage ich nicht. Sasha lag ganz richtig, als sie sagte, ich würde keinen brauchen. Allein der Gedanke, dass ich keine Unterwäsche trage, lässt meine Wangen glühen.

Jetzt gerade verstehe ich vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben, was einige meiner wenigen Freundinnen meinen, wenn sie von ‚sich weiblich fühlen‘ sprechen. Sie beziehen das zwar auf ihre Tage und die sind für mich weiterhin einfach nur ein lästiger Gedanke, aber ich verstehe das Gefühl…
Ich gehe langsam und unsicher hinaus in die Masse der Feiernden und fühle den seidigen Stoff meiner Bluse auf meinen Nippeln. Sie sind aufgerichtet, seitdem ich den BH ausgezogen habe. Und keine Kostümjacke verdeckt die Erhebungen, die sie verursachen.

Männer sehen mich an. Sie schauen kurz auf mein Gesicht und dann lange – sehr, sehr lange – auf meine Brust. Und sie grinsen dabei anzüglich.
In meinem Hinterkopf tobt eine Stimme und schreit etwas von Sammelklagen wegen sexueller Belästigung. Aber da ist ein anderer Teil von mir, der sich in der Aufmerksamkeit sonnt, als läge ich am Strand in der Karibik und würde in der Sonne baden.

Kopf hoch, Brust raus und immer einen Fuß genau vor den anderen setzen.
Einfache Anweisungen, die ich trotzdem nur mit Mühe befolgen kann. Sasha ließ es einfach klingen, aber sie konnte mich nicht auf das Ziehen vorbereiten, das meine Brüste irgendwie direkt mit meinem Unterleib verbindet.
Als ich den ersten, leichten Luftzug dort unten spüre, stolpere ich fast über meine eigenen Füße. Mein Rock ist trotz aller Bemühungen noch immer fast knielang. Es ist praktisch unmöglich, dass Luftbewegungen dorthin gelangen. Außer, wenn…
Gütiger Gott! Ich bin feucht!

Ich fühle, wie mir der Schweiß ausbricht. Die Disko ist sowieso schon heiß. Und jetzt gerade bekomme ich akutes Fieber dazu. Aber trotzdem fühlt es sich so verdammt gut an!
Ich ignoriere ganz betont all die Männer, die mich anstarren. Auch wenn es immer mehr werden. So, als würden sie sich untereinander darauf hinweisen, dass ich sie mit meinen Nippeln aufspießen will.
Ich schenke ihnen keine Beachtung, aber ich nehme sie dennoch wahr. Sehr genau sogar.

Bislang dachte ich immer, Männer würden einfach auf Brüste starren und nichts weiter. Würden sie anglotzen, sie sich nackt vorstellen und im Geiste dazu wichsen.
Manche – das ist unübersehbar – tun wohl auch genau das. Und hier in der lockeren Atmosphäre greift sich der eine oder andere auch schon mal in den Schritt und fummelt, als wolle er etwas dort in eine andere Position bringen. Als… als… als würde etwas dort plötzlich mehr Platz benötigen.
Wow! Wie konnte mir in den zwölf Jahren seit meiner ersten Periode denn zum Teufel entgehen, wie unglaublich erregend es sich anfühlt, zu wissen, dass man für eine Erektion verantwortlich ist? Oder wusste ich das mal? Vielleicht… Vor langer Zeit…

Aber noch aufregender als das, sind die anderen Männer. Die nicht ganz so betrunkenen oder primitiven Exemplare dieser seltsamen Gattung, die ihre Blicke über meinen Körper wandern lassen. Die immer wieder auch in mein Gesicht sehen und versuchen, Blickkontakt mit mir herzustellen.
Sie… sie… rücken sich in Pose. Mein Gott! Ich hatte keine Ahnung, dass Männer so etwas tun!
Die verändern ihre Haltung, nachdem sie auf mich aufmerksam geworden sind. Ziehen den Bauch ein wenig ein, strecken die Brust raus. Drehen sich etwas ins Profil oder nehmen eine betont lässige Haltung ein. Sie sehen mich mit funkelnden Augen an oder schauen betont desinteressiert an mir vorbei. Jeder hat eine andere Masche.

Voller Staunen bemerke ich, dass ich leicht lächele. Nicht ohne einen Hauch von Spott. Aber auch voller Stolz. Mein Körper entwickelt ein Eigenleben. Er scheint plötzlich ohne bewusste Steuerung von meinem Hirn zu funktionieren. Und ehrlich gesagt ist das ein wenig erleichternd, denn mein Hirn hat keinen blassen Schimmer, wie ich mich verhalten sollte.
Sind das die Hormone? Oder der Instinkt? Hätte mir das gestern jemand erzählt, hätte ich schallend gelacht.
‚Ich bin eine emanzipierte Frau‘, hätte ich voller Überzeugung erklärt. ‚Ich überzeuge durch meine Intelligenz und meine Fähigkeiten und lasse mich nicht auf meinen Körper reduzieren. Und wenn ein Mann das nicht akzeptieren kann, ist das nur ein Zeichen seiner Primitivität. Wir leben schließlich im einundzwanzigsten Jahrhundert und nicht in der Steinzeit.‘
Jetzt gerade hat ein bislang fast noch nie gehörtes Stimmchen in mir eine Antwort darauf: ‚Aber auch im einundzwanzigsten Jahrhundert wollen die Menschen ficken. Und zwar so, wie sie es auch schon in der Steinzeit getan haben.‘

Mit weichen Knien erreiche ich eine Bar und nutze die Chance, auf einen Barhocker zu gleiten. Der Tresen gibt mir Halt und ganz automatisch schlage ich ein Bein über. Und erstarre…
Meine Oberschenkel unter dem Rock glitschen aneinander entlang. So als hätte ich eine ordentliche Portion Hautlotion darauf, die ich nicht richtig eingerieben habe.
Ich weiß der Theorie nach, was das ist. Es gibt schließlich nur wenige Möglichkeiten. Und meine Tage hatte ich letzte Woche. Womit nur noch eine Option übrig bleibt.

Ich kann nicht widerstehen, ein ganz klein wenig die Schenkel aneinander zu reiben. Ein Schauer läuft über meinen Rücken und ich muss mir auf die Lippe beißen, um nicht laut auszuatmen.
Wow! So gut hat sich das noch nie angefühlt. Darauf schwöre ich jeden Eid.
Ich meine… Ich habe mich nie für sonderlich prüde gehalten. Ich hatte einige Partner und angenehmen Sex. Und ich habe einen Vibrator. Ich bin eine moderne Frau.
Aber ich muss immer den… Motor vorwärmen. Und ich muss das eine ganze Weile lang tun, bevor ich feucht genug für einen Eindringling dort unten bin. Bei der Selbstbefriedigung verzichte ich sogar ganz auf diesen eigentlich überflüssigen Teil und konzentriere mich auf meine Klitoris. Jedes Kind weiß schließlich, dass dort die Lustgefühle der Frau entstehen.

Aber jetzt gerade… Jetzt, in diesem Moment, in dem ich ohne Unterwäsche in einer Disko sitze und von einem Dutzend Männern angestarrt werde, die mir alle die Klamotten vom Leib reißen wollen… In diese Sekunde, wo ich mit schmerzhaft geschwollenen Brustwarzen und buchstäblich klitschnasser Scham auf einem Barhocker sitze…
Gott! Was würde ich für meinen Vib geben, damit ich ihn in mich hinein stecken könnte. In meiner Vorstellung würde sich das gerade ganz großartig abfühlen.

„Was möchtest du trinken“, schreckt mich eine Stimme auf.
Ein Mann auf der anderen Seite des Tresens – der Barkeeper – hat sich zu mir gebeugt. In seinen Augen steht der gleiche Glanz, wie in den anderen Blicken, die auf mich gerichtet sind. Und eine Spur von Überlegenheit. Weil…
Ja. Natürlich! Weil er einen Grund hat, mich anzusprechen. Weil er das darf, ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Wow! Für diese Erkenntnis haben mein Hirn und ein gewisser, anderer Teil von mir – von dem ich eigentlich dachte, nur Männer würden ihn auch zum Denken verwenden – ganz hervorragend zusammengearbeitet. Ich hatte keine Ahnung, dass das möglich ist.

„Einen Mart…“, will ich unwillkürlich antworten. Es ist schließlich mein übliches ‚Club-Getränk‘. Wein kann man in solchen Läden praktisch niemals empfehlen.
Aber dann weiß ich plötzlich, dass dieses Getränk nicht zu mir gehört. Nicht heute.
„Sex on the Beach“, verbessere ich mich.
Und… ich betone wirklich das erste Wort. Ebenso, wie ich es laut und deutlich ausspreche.

Der Barkeeper zeigt mir ein atemberaubendes Lächeln. Es flammt richtiggehend in seinem Gesicht auf und das Glitzern in seinem Blick gewinnt die Intensität von Fernlicht auf einer verlassenen Landstraße. Er leckt sich sogar kurz über die Lippen.
„Kommt sofort“, raunt er voller Verheißung.
Ich greife nach der Getränkekarte und fange an, mir Luft zuzufächeln, während er sich abwendet. Mir ist so unsagbar heiß, dass ich am liebsten…
„Hast du vielleicht ein paar Eiswürfel?“, rufe ich ihm nach.

Meine Gedanken überschlagen sich gerade. Weswegen ich nicht richtig sortieren kann, warum mich meine Vernunft anstarrt, als wäre ich nicht bei Trost.
Ich bekomme meine Eiswürfel in einem Whiskey-Glas und schnappe mir sofort einen davon. Stirn, Schläfen und schließlich der Hals… Ahhh…!
Die beißende Kälte tut mir so gut, dass ich sie mit geschlossenen Augen genieße. Die schwül-warme Luft, die ich mir zufächele, streift über das kalte Wasser auf meiner Haut und verursacht mir eine leichte Gänsehaut. Ich fühle mich fast, als würde ich gleich abheben.
Ohne die Augen zu öffnen, greife ich mir noch einen der wohltuenden Würfel. Eisige Rinnsale finden ihren Weg in meine Bluse. Über die Schulterblätter und an der Wirbelsäule entlang. Und auf mein Dekolletee, wo sie größtenteils den Weg zwischen meinen Brüsten hindurch nehmen. Aber nicht ausschließlich…
Das tut so gut!

Ich lasse einen dritten und vierten Eiswürfel auf meiner Haut schmelzen. Und die unerträgliche Hitze lässt ein klein wenig nach. Auch wenn mir meine armen Brustwarzen so langsam wirklich Sorgen bereiten, denn sie schmerzen richtiggehend durch das Kontrastprogramm und meine Erregung. Und ein anderer… Knubbel eifert ihnen so langsam nach.
Ich weigere mich, mir selbst einzugestehen, dass ich fast schon ein wenig weggetreten bin. Solange ich die Augen geschlossen halte, sehe ich niemanden um mich herum. Also fühle ich mich fast allein. Nur in Gesellschaft meiner völlig ungewohnten Erregung und einiger liebenswerter Eiswürfel.
Wie wäre es wohl, wenn ich… da unten…?

Statt diesem faszinierenden Gedanken in die Falle zu tappen, stecke ich mir einen der Würfel zwischen die Lippen. Völlig abgehoben bin ich dann doch noch nicht.
„Sie verursachen gleich eine Massenschlägerei“, raunt mir eine tiefe Stimme in genau diesem Moment ins Ohr.
Erschrocken reiße ich die Augen auf. Angesprochen zu werden hatte ich nicht erwartet.

Ein Mann steht neben mir. Und für einen Moment sehe ich nur seine grauen Augen, die mich mit unglaublicher Intensität fixieren. Dann kehre ich zurück in die Realität und finde eine Million Gründe, knallrot zu werden.
Ich sitze auf einem Barhocker in einer Disko und trage keine Unterwäsche. Mit Zähnen und Lippen halte ich einen Eiswürfel halb in meinem Mund, während ich mir mit einer Getränkekarte Luft zufächele. Und mit weitaufgerissenen Augen starre ich einen völlig fremden Mann an, als hätte er mich beim Daumenlutschen erwischt.

Irgendwo schräg hinter ihm sehe ich an einer der Wände eine Reihe von mehr oder minder vertrauten Gestalten stehen, die mich mehr oder minder fassungslos anstarren.
Da sind meine Emanzipation, meine Würde, mein Stolz und nicht zuletzt meine Vernunft, die sich alle die Haare raufen. Aber auch mein Anstand sieht aus, als hätte man ihr einen Tintenfisch ins Gesicht geschlagen und sogar meine Libido schüttelt den Kopf, auch wenn sie dabei amüsiert grinst.
Irgendwas entgeht mir doch gerade, oder?

Ich sehe den Mann an und mustere ihn argwöhnisch. Er scheint Anfang dreißig zu sein und hebt sich positiv von den anderen Männern ab. Ein Anzug – ziemlich sicher maßgeschneidert – obwohl er das Jackett nicht trägt und das schwer zu sagen ist. Das kragenlose Hemd lässt ihn leger und modern erscheinen. Die Breitling an seinem Handgelenk korrespondiert gut mit dem Gesamteindruck.
Mein Misstrauen findet keinen Anhaltspunkt, was die Kriterien angeht, die ich bei einem Gegenüber immer anlege. Die typischen Kriterien der Geschäftsfrau. Er scheint kein Blender zu sein, sondern ein erfolgreicher Geschäftsmann. Alles an seiner Haltung und seinem Outfit stimmt. Deswegen gesellt sich das Misstrauen achselzuckend zu den anderen Gestalten aus meiner Vorstellungskraft und lehnt sich entspannt zurück.
Aber… was ist dann das Problem?

Ein zweiter Blick auf ihn wird mir von meiner Weiblichkeit diktiert. Sie ist irgendwie die einzige meiner inneren Begleiterinnen, die sich dicht an meiner Seite befindet. Und sie scheint gänzlich unbekümmert. Was ein gutes Zeichen ist… Oder?
Ich schaue noch einmal und registriere seine blitzenden Augen, in die sich langsam ein amüsierter Ausdruck schleicht. Sein Gesicht ist markant. Scharf gezeichnete Züge, aber keine typische Verschlagenheit. Er wirkt offen. Sicherlich ein knallharter Verhandlungspartner, aber tendenziell fair. Selten…
Seine Lippen sind voll und sinnlich. Woher auch immer dieser Gedanke jetzt kommt, aber sie fühlen sich bestimmt ganz gut auf Meinen an. Ich würde das gerne näher erkunden.

Er trägt einen Drei-Tage-Bart. Typisch moderner Geschäftsmann. Immer ein klein wenig gegen die alten Traditionen aufbegehren. Aber diese Leute sind meist innovativer. Ich schätze das.
Er hat breite Schultern, aber das Hemd sitzt perfekt, wie es sein sollte. Kein Grund zur Beanstandung. Allerdings… Seine Brust sieht schon verschärft aus. Sehr interessant, wie sich unter dem Stoff einige Muskeln bewegen. So habe ich das noch nie gesehen.
Huh… fächele etwas stärker und spiele mit der Zunge an dem Eiswürfel, der langsam meine Lippen betäubt.

Seine Hände sind groß. Liebe Güte. Wirklich groß!
Sie müssen doppelt so groß sein, wie meine Eigenen. Aber er hat ganz bestimmt ein gutes Gefühl für einen angemessenen Handschlag. Meine Brüste würden in diesen Pranken allerdings ziemlich untergehen. Die kämen auch mit der doppelten Menge gut zurecht.
Moment… Was ist das jetzt für ein Gedanke? Als wollte ich, dass er… Oh! Ja. Ich glaube, ich würde wirklich gerne… Ich mochte es irgendwie, wenn Thomas – mein zweiter Freund – meine Brüste mit seinen großen Händen umschlossen hat. Und heute… heute lechzen die beiden geradezu nach einer Berührung. Ob ich ihn darum bitten sollte?
Meine Weiblichkeit nickt enthusiastisch und meine Libido beugt sich mit leuchtenden Augen vor, aber die anderen an der Wand schlagen sich kollektiv mit der Hand vor die Stirn.
Pff… Dann halt nicht.

Langsam bekomme ich das Gefühl, das mir dämmert, was nicht in Ordnung ist.
Normalerweise brauche ich für ein Gesamtbild meines Gegenüber eine Zehntelsekunde. Ein schneller, aufmerksamer Blick und ich habe einen Eindruck, den ich in den restlichen neun Zehnteln der Zeit verarbeiten kann. Aber in einer Sekunde schmelzen Eiswürfel zwischen den Lippen nicht zu kleinen, flachen Ovalen. Also habe ich vielleicht einen Tick länger gebraucht.
Und dann ist da noch das, was mir meine Augen mitteilen, als ich gerade abwärts dorthin blicke, wo seine Hose gewissermaßen einen sehr ansprechend gefüllten Eindruck erweckt.

Ich schlucke und reiße unwillkürlich die Augen auf, als ich die Seide über meinen Brüsten betrachte, die durch Schmelzwasser ihren Aggregatzustand verändert hat. Fast muss ich kichern, als ich sie mir gasförmig vorstelle, denn mehr Sichtschutz als ein dünner Rauchvorhang bietet sie nicht mehr.
Oh – mein – Gott!

Ruckartig reiße ich den Kopf hoch und bin trotzdem knallrot, bevor ich ihm wieder in die Augen sehen kann. Wie betrunken bin ich bitteschön? Und wovon? Die zwei Martinis haben mich doch nicht umgehauen. Was passiert da in meinem Körper?
Erst jetzt geht mir auf, dass ich auf einem Barhocker mitten in einer Disko sitze und gerade meine Bluse mit Schmelzwasser durchsichtig gemacht habe. Und zwar, während ich mit geschlossenen Augen herumsaß und mir Luft zufächelte – und mit dem krönenden Abschluss einer Lutschdarbietung an einem Eiswürfel.
Bin ich eigentlich völlig bescheuert?

Ein ganz kurzer Blick in die Runde offenbart mir, dass Dutzende von Augenpaaren mich anstarren. Gierig und lüstern leuchten sie in der verhältnismäßigen Finsternis. Als würden sie zu Raubtieren gehören.
Was sagte der Fremde? Massenschlägerei?
Ich sehe ihn an. Nun grinst er tatsächlich.
„Ich hoffe, Ihre Musterung hat keinen Grund zur Beanstandung ergeben?“, fragt er eindeutig ein wenig spöttisch.

Der Moment der Wahrheit. Ich könnte jetzt vor Scham im Boden versinken. Das wäre leicht. Fluchtartig das Lokal verlassen steht auch weit oben auf der Liste der Optionen. So wie spontane Selbstentzündung. Aber in einem Anfall von situationsbedingter Kooperationsbereitschaft stecken all meine Persönlichkeitsaspekte mit Ausnahme der Emanzipation – die für die Zündung einer Atombombe gleich hier und jetzt votiert – die Köpfe zusammen. Sogar ein geistiges Abbild von Sasha gesellt sich hinzu.
Angriff ist die beste Verteidigung. Nach diesem Motto habe ich immer gelebt. Und auch wenn ich mich in einer Ausnahmesituation befinde, erscheint es irgendwie als Option. Und wird von Weiblichkeit und Libido jubelnd unterstützt.
Irgendwie erscheint es fair, den beiden nach all den Jahren der Vernachlässigung einmal auch gegen die Mehrheit zuzustimmen…

„Ich bin noch nicht sicher“, antworte ich – zugegebenermaßen mit etwas Verzögerung – lässiger als ich es selbst für möglich gehalten hätte. „Ich konnte nicht alles optimal erkennen.“
Er stutzt. Bei all dem Erröten und meiner rückblickend betrachtet wohl ziemlich schlaftablettigen Reaktionsgeschwindigkeit hat er wohl mit was anderem gerechnet.
„Ihr Sex on the Beach“, mischt sich der Barkeeper laut genug ein, um zu offenbaren, dass er meine Aufmerksamkeit lieber bei sich wüsste.
Ich muss nicht nachdenken, um ihn völlig zu ignorieren und lediglich mit meiner Hand nach dem Glas zu greifen.

Nachdem ich meinen Entschluss erst einmal gefasst habe, finde ich ein wenig Ruhe und Sicherheit in der jahrelangen Verhandlungserfahrung. Ich bin zwar alles andere als in Topform, was meine Business-Attitüde angeht, aber irgendwie scheint meine neuentdeckte Weiblichkeit mit meinem Geschäftssinn eine ziemlich gute Symbiose einzugehen. Solange ich nicht zu intensiv darüber nachdenke, was mein Körper da für Haltungen einnimmt.
Recke ich wirklich gerade meinen praktisch nackten Busen ein wenig vor?

Der Fremde schluckt sichtbar. Und ich fange an, ihn zu durchschauen. Zumindest ein wenig.
Er hat wohl eine leichte Beute gewittert. Und sich darauf gestürzt, bevor es eines der anderen Raubtiere tun konnte. Besser getroffen hat Sashas neuerschaffene ‚kleine Büromaus‘ es mit ihm ohne jeden Zweifel. Außer vielleicht in Herzensangelegenheiten…
Und jetzt zeigt die scheinbar völlig wehrlose Gazelle plötzlich Säbelzähne. Ich muss kichern über dieses Bild in meinem Kopf. Aber vor allem, weil meine Gazelle Brüste hat…

„Sex on the Beach, hm?“, meint er um Zeit zu schinden.
„Nein“, widerspreche ich. „Sex on the Beach.“
Dann angele ich, ohne hinzusehen, mit dem Mund nach dem Strohhalm und nehme einen Schluck. Etwas süß, aber gar nicht so schlecht.
Meine Augen fixieren aber weiterhin sein Gesicht. Von unten herauf blicke ich ihn mit blanker Unschuldsmiene an.
Es ist gar nicht so schwer, wie ich feststelle. Ich habe so lange darauf geachtet, all diese Dinge in Gegenwart von Männern zu vermeiden. Und jetzt – mit zwei Martini und weiß Gott was für körpereigenen Drogen intus – kehre ich das einfach um. Statt alle Anzeichen von Schwäche und Weiblichkeit zu vermeiden, kehre ich sie heraus und vermeide jede Andeutung von Stärke.
Und – es – wirkt!

„Cassy“, sage ich, um ihn aus der Verlegenheit zu befreien, etwas Originelles erwidern zu müssen.
Er ergreift meine ausgestreckte Hand und will sie zum Mund führen. Was mich normalerweise zur Weißglut gebracht hätte und jetzt ein sachtes Ziehen in meiner… Muschi – Hah! Nix mit Vagina heute. Gerade ist es eine Muschi! – zur Folge hat.
„Richard“, sagt er, während er sich zum Handkuss anschickt.
„Vorsicht!“, hauche ich einfach heraus, was mir als Erstes in den Kopf kommt. „Wenn Sie mich wirklich mit Ihren Lippen berühren, will ich vielleicht sehr viel mehr davon.“
Er hält inne. Aber nur für einen Sekundenbruchteil. Dann gibt er mir einen überdeutlichen Handkuss anstatt nur hauchzart – wenn überhaupt – meine Haut zu berühren.
„Um ehrlich zu sein, hatte ich gehofft, dass du es so sehen würdest“, murmele ich halblaut.

Ja. Ich führe mich auf wie eine billige Schlampe in einem unglaublich letztklassigen Film. Ich handele, wie meinen Überzeugungen nach niemals eine Frau handeln sollte. Und meine Würde gibt sich genau deswegen gerade in einer dunklen Ecke den Strick, während meine Emanzipation bereits nach erlittenem Schlaganfall am Boden liegt.
Aber ich fühle mich verdammt noch mal großartig dabei! Ich fühle mich wie eine Frau. Eine fast barbusige Frau mit stahlharten Nippeln und einer klatschnassen Muschi. Eine Frau, die… es braucht!
Jetzt gerade in diesem Moment kann die Emanzipation von mir aus nach Fukushima auswandern. Ich würde jubeln vor Freude, wenn er einfach zupacken würde, wie der hinterletzte Neandertaler.

„Eine Frau wie du ist mir noch nicht begegnet“, sagt er überraschend offen.
Ich registriere sein entwaffnendes Lächeln. Und dann muss ich aus dem Augenwinkel zusehen, wie mein Stolz eine Tochter bekommt, bevor er sich erschießt.
Zehntausende von Jahren der Evolution und harte Jahrzehnte des Kampfes für die Gleichberechtigung. Und am Ende läuft es doch wieder darauf hinaus, dass der Mann vor den Waffen der Frau kapituliert und nicht vor etwas, worin sie sich mit ihm auf Augenhöhe messen können sollte. Ich habe keinen Wettstreit der Intelligenz oder des Fachwissens gewonnen, sondern einen Kampf der Geschlechter.
Und ich glaube, ich komme gleich…

„Mir auch nicht“, gebe ich auf eine Art zurück, die sich kokett anfühlt. „Aber ich hoffe, du magst sie so gern, wie ich gerade…“
Das verwirrt ihn natürlich. Wie sollte er sich auch einen Reim darauf machen können. Er weiß schließlich nicht, dass ich mich jetzt gerade völlig neu entdecke.
Aber er ist souverän. Was ihn nur noch attraktiver macht.
„Ich kann mich kaum zurückhalten vor… Sympathie.“

Ich schaue ihn an und überlege noch ein letztes Mal, ob ich wirklich bereit bin, die Konsequenzen zu tragen. Ob ich wirklich den nächsten Schritt machen will. Nach… Was? Fünf Minuten, die ich ihn kenne. Und auf so unendlich flache, billige und vor allem willige Art und Weise. Ob ich wirklich noch eine Stufe tiefer sinken will, als ein Flittchen, das sich wenigstens noch eine Weile aushalten – gewissermaßen bezahlen – lässt.
Wie wird das rückblickend aussehen? Er kam, sah, sprach drei Worte und sie klebte mit ihrem Mund an seinem Schwengel?
Oh… Uh! Ich glaube, das würde ich tatsächlich gerne mal wieder ausprobieren. Jetzt gerade ist mir danach. Sehr!

Egal wie es rückblickend betrachtet aussehen mag – ich habe mich entschieden.
„Dann tu’s nicht“, wispere ich.
Ich flüstere es mit halbgeschlossenen Augen und werfe ihm einen Blick zu, für den ich das Wort nicht kenne. Ich hauche es mich leicht geöffnetem Mund und befeuchte meine Lippen für die leisen Worte. Und ich lehne mich zu ihm. Damit er keinesfalls missversteht, was ich meine.

In meinem Kopf spiele ich dabei natürlich durchaus die frustrierenden Möglichkeiten durch, noch deutlicher werden zu müssen. ‚Was soll ich nicht tun‘, könnte er fragen. ‚Dich zurückhalten sollst du nicht‘, könnte ich dann schreien. ‚Aber ich bin kein Mann für eine Nacht‘, könnte er antworten. Und ich würde dazu sagen:‚Dann verpiss…‘
Weiter komme ich nicht, denn er ist plötzlich über mir. Er drängt sich an mich, teilt meine Beine, legt seine starken Arme um meinen kleinen Körper und zieht mich in einen Kuss.
W-o-w!

Für irgendwas zwischen einer und fünf Minuten denke ich überhaupt nicht mehr. Ich fühle. Und zwar mit dem ganzen Körper.
Ich fühle seine Lippen, wie sie sich auf meine pressen. Sein kurzer Bart kitzelt, kratzt, reibt. Rau und männlich. Mmh…
Seine Hände legen sich auf meinen unteren Rücken und in meine Nacken. Sie packen mich und halten mich. Er könnte mich mit einer Hand bis ans Ende der Welt tragen. So fühlt es sich an. Und es ist wundervoll. Ich spüre die Kraft in seinen Fingern, die unwillkürlich ein wenig meine Haut drücken. Weil er sich zurückhalten muss, mich nicht zu packen und vor lauter Begierde zu zerquetschen.
Ohh… Zerquetsch mich, Richard!

Ich fühle seinen Körper an meinem. Seine Burst drängt sich gegen meinen Busen. Meine Nippel bekommen endlich die langersehnten Berührungen. Und ich sehe Lichtpunkte, als es passiert. Es ist fast schon zu viel!
Nein. Quatsch! Mehr davon. Mehr, mehr, mehr!
Mehr von seinem muskulösen Oberkörper an meinem Busen. Mehr von seinen starken Beinen zwischen meinen Schenkeln. Oh… Ich muss einfach meine Beine um seine schlingen!
Und dadurch meinen Schoß gegen ihn pressen.
Oh Gott! Ich glaube, ich komme wirklich gerade!

Und dabei habe ich gar keine Zeit dafür. Sein Kuss raubt mir den Atem. Seine Zunge teilt meine Lippen. Nicht lockend oder sanft sondern fordernd und erobernd. Ich habe ihm das Tor geöffnet und jetzt kommt der Barbar zum Plündern, Brandschatzen und… Vergewaltigen.
Ich ergebe mich. Lasse ihn meine Zunge jagen, wie er es will. Fließe in seine Arme. Leiste keinerlei Widerstand gegen nichts.
Ich bin eine Frau, er ist ein Mann. So einfach ist das.

Als ich meinen Kopf auf seiner Schulter wiederfinde und nach Atem ringend meine Gedanken sortiere, fühle ich mich geborgen. Er hält mich im Arm und schnauft selbst leise. Ich fühle, wie er atmet. Ich fühle seinen Herzschlag. Und ich rieche sein Aftershave.
Old Spice. Ich wusste nicht, dass es überhaupt noch produziert wird. Mein Vater hat es immer benutzt.
Ja… Ich fühle mich so wohl, wie sonst nur in den Armen meines Vaters. Auch wenn das hier eine ganz andere Geschichte ist, ist es doch ein unendlich schmerzlich vermisstes Gefühl. Seit seinem Tod hat meine Mutter mir beigebracht, dass ich niemandes ‚kleines Mädchen‘ bin.
Aber Papas kleines Mädchen zu sein, war die glücklichste Zeit meines Lebens.

Tränen treten mir in die Augen. Und gleichzeitig bin ich glücklich.
„Definitiv der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, flüstere ich fast unhörbar.
Aber sein Ohr ist direkt bei meinem Mund und der leichte Druck seiner Arme zeigt mir, dass er verstanden hat.
„Ich will dich, Richard“, füge ich hinzu.
Er weiß das. Aber ich kann nicht mehr warten. Ich sterbe sonst vor Verlangen.
Er drückt mich wieder. Nein. Er packt mich. Fest. Weil… er mich auch will. Weil ich ihm den Verstand raube und er nur noch mit dem denken kann, was ich an meinem Innenoberschenkel wachsen fühlte, bis es zu einer harten Rute wurde.
Er… Ich… Wir wollen seinen harten Schwanz in meiner Muschi.
S-o-f-o-r-t.

„Lass uns…“, keucht er hart.
„Ja!“
„Ich wohne…“
„Nein!“
„Mein Auto…“
„Nein!“

Ich mache es ihm vielleicht nicht einfach, aber es ist keine böse Absicht. Ich bin nur einfach nicht mehr in der Lage, mehr als eine Sekunde vorauszudenken.
Könnte ich jetzt gerade meiner Vernunft Aufmerksamkeit schenken, würde ich sehen, wie ihr die Augen aus dem Kopf treten. Sie wird sich nämlich bewusst, dass ich mich jetzt und hier – an Ort und Stelle, auf einem Barhocker an einem Tresen in einer gutbesuchten Disko, nachdem ich die Aufmerksamkeit von mehr als fünfzig Männern überdeutlich auf mich gelenkt habe – von einem Wildfremden namens Richard nehmen lassen würde.
Nein warte, Cassandra. Sag das richtig. Das dauert nicht länger als eine Sekunde.
Ficken lassen, würde ich mich.

„Die Empore?“, fragt er, nachdem er kurz fieberhaft überlegt zu haben scheint.
Ich habe keine Ahnung, wie er das meint, aber es ist ein Ort in Sichtweite. Jedenfalls, wenn ich die Augen öffnen und vielleicht damit aufhören würde, an seinem Hals zu knabbern.
Wer hätte gedacht, dass Old Spice auch gut schmeckt?
Ich sage nichts. Und Richard erweist sich als nicht völlig hoffnungsloser Fall in Sachen Körpersprache. Oder vielleicht kennt er sich nur einfach mit Flittchen aus…
Hmm… Das bin ich, nicht wahr? Ein Flittchen…

Als er Anstalten macht, sich zu lösen, ist es nicht meine Vernunft, die mich dazu bringt, ihn freizugeben. Es ist auch nicht mein tot herumliegender Stolz oder dessen kleine, noch gänzlich unausgewachsene Tochter, die vielleicht eines Tages seinen Platz auf ganz andere Weise einnehmen wird. Und am allerwenigsten ist es meine herumbaumelnde und röchelnde Würde. Von meiner bereits ins Leichenschauhaus abtransportierten Emanzipation ganz zu schweigen
Es ist meine Libido, die das Zepter in die Hand nimmt. Wenn ich selbst gehe, sind wir schneller. Und ich kann mich noch einmal in den Blicken sonnen, die auf mir ruhen. Oder vielleicht eher an mir zerren…

Ich fühle mich… sexy, als ich neben im hergehe, nachdem ich verstanden habe, welche Richtung wir einschlagen. Mein neuer Stolz ist an meiner Seite. Himmel werden die Kinder heute schnell erwachsen.
Ich trage den Kopf nicht einfach gerade, sondern richtig erhoben. So wie ich gestern noch stolz auf meine Arbeit war, bin ich jetzt stolz auf meine Weiblichkeit. Stolz, eine Frau zu sein, die gleich gefickt werden wird.
Selbst meine Libido kann sich bei der Dämlichkeit – oh, wie ich dieses Wort vorhin noch hasste – dieses Gedankens ein Kichern nicht verkneifen. Aber das mindert die Vorfreude nicht im Geringsten.

Zielstrebig trete ich auf die Treppe, die nach oben zu einer Empore führt, deren Existenz ich jetzt gerade zum ersten Mal richtig wahrnehme. Richard lässt sich zurückfallen. Es herrscht zu viel Verkehr für zwei Personen nebenbeinander.
Aber das ist okay. Ich fühle seine Blicke auf meinem Rücken und auf meinem Po, so wie ich die Blicke der kaleidoskopartig vorbeiziehenden Gesichter von vorne auf meinen Brüsten fühle. Wie hauchzarte Berührungen streifen sie mich und heizen mir immer weiter und weiter ein.
Nur halb bewusst besinne ich mich auf das, was Sasha gesagt hat: Einen Fuß vor den anderen setzen. Ruhig ein wenig übertreiben. Das lässt die Hüfte schwingen.

Und nicht nur die!
Oder ist das die Treppe?

Beinahe knicken mir die Beine weg, als ich etwas erlebe, was mir noch niemals auf einer Treppe passiert ist. Vage ist mir, als hätte ich dazu mal etwas gelesen. Aber alle nicht für Sex benötigten Teile meines Körpers – das Erinnerungsvermögen mit eingeschlossen – sind gerade ziemlich unterversorgt mit Blut.
Es ist auch egal, weil ich gar keine Zeit zum Nachdenken habe. Ich muss entscheiden, ob ich die Augen aufreißen oder schließen soll, während mich die Gier nach dem, was mich oben hoffentlich erwartet, unerbittlich weitertreibt.
Die Frage, ob ich auf dem Barhocker einen Orgasmus hatte, ist allerdings nachdrücklich beantwortet: Nein. Den habe ich nämlich gleich. Hier auf der Treppe. Und er wird mich umhauen.

Jeder Schritt löst ein ziehendes Gefühl direkt an meiner Klitoris aus, wenn die Beine sich leicht überkreuzen. Die Haut gleitet feucht. Es ist keine Reibung im eigentlichen Sinn. Aber es reizt mich trotzdem eine Million Mal besser, als ich es jemals mit meinen Händen hinbekommen habe.
Scheiße… Es ist sogar besser als die Spitze des Vibrators.

Genau auf dem Scheitelpunkt jedes Schrittes erreicht das Ziehen einen Höhepunkt und raubt mir die Kraft in den Beinen. Es lässt mir schwindelig im Kopf werden. Und dann lässt es nach und ich bekomme genug Zeit, den Fuß aufzusetzen, das andere Bein folgen zu lassen und gleich wieder keine Luft mehr zu bekommen.
Noch zehn Stufen. Sie verschwimmen vor meinen Augen. Wie soll ich das schaffen?
Neun – mein Herz rast.
Acht – das Blut rauscht in meinen Ohren.
Sieben – Nässe läuft an meinem Bein hinunter.
Sechs – ich sehe Lichtpunkte vor meinen Augen tanzen.
Fünf – !

Den Point of no Return, den ich gerade erlebe, denen gegenüberzustellen, die ich in meinem Leben bisher hatte, wäre wie der Vergleich zwischen Prada Sneakers und Badelatschen.
Mir kommt es gewaltig. Und ich werde möglicherweise schreien. Ganz sicher werde ich mich nicht auf den Beinen halten können. Die sind sowieso am Ende ihrer Kräfte.
Ich tue das Einzige, was auch nur den geringsten Sinn zu ergeben scheint.

Richard ist überrascht, als ich auf dem Absatz herumfahre. Mehr bekomme ich von seinem Gesichtsausdruck nicht mit, denn ich falle ihm geradezu in die Arme und kann mich nur noch hilfesuchend an ihm festklammern. Dann rauscht der Orient-Express mit angehängtem Güterzug über mich hinweg.
Es fühlt sich an wie der Moment, nachdem man sich verbrannt hat. Wenn der Schmerz für einen Sekundenbruchteil nachlässt und der Kontrast zur Höllenpein davor einfach himmlisch ist. Mal fünf hoch zehn.
Ich höre nichts, ich sehe nichts und ich fühle nur flüssiges Feuer von der unglaublich heißen, aber wundervollen Sorte, wie es durch jede einzelne meiner Nervenbahnen schießt. Zeit, Raum und Gravitation sind einfach nicht existent. Und ich habe keine Ahnung, wie lange das so ist.

Irgendwann höre ich wieder. Aus dem wasserfallartigen Rauschen meines Bluts in meinen Ohren wird wieder das Gemurmel der Disko. Meine Hände fühlen harte Muskeln, in die ich meine Krallen geschlagen habe. Sie gehören zu starken Armen, die mich stützen und halten.
Ich rieche Old Spice und schmecke es auch. Was daran liegen könnte, dass ich meine Zähne in einen Hals vergraben habe.

Ich schwebe noch ein wenig, als ich das ändere. Nein… Ich schwebe wirklich! Richard hält mich an den Hüften und meine Füße berühren kaum den Boden.
Wow!
Matt lege ich meinen Kopf auf seine Schulter und seufze. Jetzt gerade bin ich wirklich rundum zufrieden.
„Wow“, sagte er leise.
„Ja…“, gebe ich zu. „Finde ich auch.“

Wie nach einem Regenschauer an einem Sommertag klären sich meine Gedanken. Und damit kommen reihenweise Peinlichkeiten zum Vorschein, die ich ihm am liebsten alle erklären würde. Habe ich mich wirklich so verhalten?
Was denkt er jetzt von mir? Kann er mich für etwas anderes, als ein billiges Flittchen halten? Sollte ich einfach so schnell wie möglich das Weite suchen?
Ich würde, wenn ich dazu nicht meinen Kopf heben und das Risiko eingehen müsste, ihm ins Gesicht zu sehen. Dafür schäme ich mich zu sehr. Außerdem ist es sehr schön hier…

Meine Weiblichkeit und meine Libido haben sich eingerollt und schwelgen im Nachglühen. Sie schlummern sanft. Meine Vernunft ergreift die Gelegenheit beim Schopf und entreißt ihnen das Zepter der Kontrolle.
Sie ist verschnupft. Aber einen Orgasmus vom Treppensteigen kann sie verkraften. Sehr viel besser als Sex mit einem Fremden in einer womöglich nicht einmal dunklen Ecke einer Disko. Die Sache mit der Treppe ist logisch erklärbar. Ich erinnere mich wieder an den Artikel in einer feministischen Zeitschrift, die ich abonniert habe.
Alles noch irgendwie im grünen Bereich. Sofern ich jetzt noch sauber aus der Nummer – also aus dieser Umarmung – rauskomme, könnte meine Würde eventuell reanimiert werden.

„Ich weiß nicht, ob ich mit einer Treppe konkurrieren kann“, flüstert der Mann, in dessen Armen ich liege. „Aber ich gebe dir mein Wort, dass ich alles daransetzen werde.“
Zwei friedlich schlummernde Gesichter in meinem Kopf öffnen schlagartig die Augen und sind wieder wach. Sie tun es mir nach, denn ich reiße meine Augen auch auf. Und meine Vernunft schließt sie, lässt das Zepter fallen und rammt ihren Kopf gegen die nächste Wand.

Ich war rundum befriedigt. Oder jedenfalls dachte ich das. Mein Körper war wie betäubt von dem, was ich gerade erlebt hatte. Und mit zwei kurzen Sätzen, in denen auch noch ein gewisser Sinn für Humor mitschwingt, weckt dieser Mann alle meine Nervenbahnen gleichzeitig wieder auf.
Der alles verschleiernde Nebel kehrt zwar nicht mir aller Macht in meinen Kopf zurück, aber die Lust ist wieder hellwach und womöglich noch stärker als zuvor.
Ich. Will. Diesen. Mann. Ficken.

„Bring mich, wohin du möchtest“, keuche ich in sein Ohr. „Und mach mit mir, was – du – willst.“
Die letzten drei Worte atme ich immer leiser, aber dichter, in sein Ohr. Und mit jedem davon wird sein Griff an meinen Hüften härter. Bis es beinahe wehtut.
Wieder habe ich ausgesprochen, was ich denke. Und wieder habe ich gar keine Erwartungen an seine Reaktion, weil ich so weit nicht gedacht habe. Aber was er tut, hätte ich mir auch mit drei Tagen Bedenkzeit nicht vorstellen können.

Gekonnt, als würde er das jeden Tag ein paar Mal machen, wischt er mich von den Beinen und nimmt mich auf seine Arme. Ganz klassisch. Wie als wolle er mich über die Schwelle der Hochzeits-Suite tragen.
Er schert sich nicht darum, dass meine Füße einen vorbeilaufenden Mann fast im Gesicht treffen. Und er schert sich nicht um mein Quietschen. Während ich mich frage, warum es so übermütig und vergnügt klingt und woher das Grinsen stammt, das meine Lippen teilt.
Dann blicke ich in sein Gesicht und weiß es. Sein Ausdruck müsste neben der Erklärung für den Begriff Entschlossenheit im Lexikon abgebildet werden.

Ich kann die Augen nicht losreißen von diesem Gesicht. Schwarze Haare, graue Augen, winzige Lach-Fältchen in den Augenwinkeln. Seine Lippen sind geschlossen und sein Kinn wirkt, als wäre es aus Granit. Nichts wird ihn aufhalten, mich zu entführen.
Und mir ist ehrlich gesagt herzlich egal, ob unser Ziel ein Schloss oder eine Räuberhöhle ist. Hauptsache es gibt ein Bett. Oder wenigstens ein Fell auf dem Boden.
Ich Jane, er Tarzan. Und was für einer!

Ich lege meine Arme um seinen Hals und starre ihn an. Ich fürchte, ich himmele ihn sogar an. Er ist nämlich wirklich verdammt gutaussehend und vor allem ist er genau der Mann, den ich niemals wollte.
Als Geschäftspartner würde ich ihn mit Handkuss – ich muss kichern und er blickt mich kurz voller Begierde und Zuneigung an – nehmen. Ich würde ihm klarmachen, dass es nie zwischen uns passieren würde. Und er würde es trotzdem immer wieder versuchen, weil er an den Mythos seiner eigenen Unwiderstehlichkeit glaubt.
Ich würde mir niemals eingestehen, dass er der Mann aus meinen neuen Masturbationsfantasien ist, über die ich nicht einmal mit mir selbst spreche, weil sie völlig abartig sind. Und alles würde seinen Gang gehen.

Aber ich bin heute nicht Cassandra, Tochter einer erfolgreichen Frauenrechtlerin und eines verstorbenen amerikanischen Soldaten und Leiterin der Sales-Abteilung der deutschen Zentrale eines internationalen Konzerns.
Ich bin Cassy. Büromaus und Flittchen. Und ich verzehre mich nach einem Kerl wie diesem. Er lässt meine Muschi überlaufen. Meine Nippel stehen wie zwei Bleistift-Radierer. Der Gedanke an ihn lässt mich beim Treppensteigen zum Orgasmus kommen.
Als ich stöhne, weil ich einfach nicht anders kann, huscht ein kurzes Lächeln über seine Miene.

Ja. Er ist es gewöhnt, dass Frauen ihn so anhimmeln. Er wickelt sie mit seinem Charme um den Finger, legt sie flach – Wie oft wohl? Einmal? Zweimal? Oder gar… mehr als das? Ich beiße mir auf die Lippe und hoffe auf Letzteres. Viel mehr!
Für ihn sind Frauen nicht ebenbürtig. Sie sind Lustobjekte, die er mit seiner Erfahrung manipuliert. Er begegnet ihnen nicht auf Augenhöhe, sondern sieht insgeheim auf sie hinab. Wohlwollend, sicherlich. So wie ein erfolgreicher Züchter auf sein bestes Pferd blickt. Aber eben nicht auf Augenhöhe.
Wie kommt es bloß, dass jeder einzelne dieser Gedanken mich nur feuchter und heißer macht, anstatt mich zutiefst abzustoßen?

Wie auf dieses Stichwort steht plötzlich Sasha da und verstellt ihm den Weg. Für mich kam sie aus dem Nichts, aber ich war auch abgelenkt.
„Eine Sekunde, Mr. Magnificent“, fordert sie.
Richard bleibt stehen und runzelt die Stirn. Dann zieht er eine Augenbraue hoch und beobachtet, wie sich die dunkle Schönheit zu mir beugt und mir etwas ins Ohr flüstert. Er ist amüsiert, aber auch ein wenig irritiert.

„Die große, weiße Jägerin schnappt sich den schönsten Löwen“, wispert sie nur für mich hörbar. „Genieß deine Beute!“
Nun bin ich dran, die Stirn zu runzeln. Ihre Perspektive will sich so gar nicht mit meiner decken.
Sasha tritt zurück. Dann beißt sie sich mit funkelnden Augen auf die Unterlippe, zögert eine Sekunde und nähert sich noch einmal. Und ich bin nicht einen Deut weniger erstaunt als Richard, als sie mich heiß und leidenschaftlich küsst.
Ich bin nur fast schon enttäuscht, dass es nach einem Herzschlag schon wieder endet.

Sasha verschwindet und niemand spricht ein Wort über das, was geschehen ist. Ich bin verwirrt. Und Richard scheint es nun noch eiliger zu haben. Er zahlt mit einem hingeworfenen Hunderter und stoppt nicht an der Garderobe. Aber so wie ihm wohl sein Jackett gerade nicht wichtig ist, könnte mir mein Mantel nicht gleichgültiger sein.
Ich würde ihm die Sporen geben, aber ich liege in seinen Armen und bin ihm völlig ausgeliefert. Und ich genieße es in vollen Zügen.

Es gibt nur einen Sinneseindruck, den ich wahrnehme, bis seine Hotelzimmertür hinter ihm ins Schloss fällt. Ich sehe nur sein Gesicht. Ich starre es an. Ich nehme nichts weiter wahr. Nicht einmal, wie viel Zeit vergeht.
Er trägt mich, wenn wir nicht im Auto sitzen. Und sicherlich müssen wir Menschen begegnet sein. Spätestens im Hotel. Aber ich erinnere mich nicht. Ich sehe nur den gehetzten Ausdruck in seinen Augen. Die Vorfreude in Kombination mit Ungeduld.
Bis er an seinem Bett steht und schließlich nicht genau zu wissen scheint, was er tun soll.

Sachte stellt er mich ab. Aber er weicht nicht zurück, obwohl ich zwischen Bett und ihm kaum Platz zum Stehen finde. Er sieht zu mir hinunter und ich zu ihm hinauf. Und es fühlt sich an, als würde sich die Luft für einen gewaltigen Blitz aufladen.
Wie in Trance halte ich seinen Blick fest und schlüpfe aus meinen Schuhen. Dann versuche ich, rückwärts auf das Bett zu steigen. Aber das klappt erst, als er mir hilft und mich mit seinen starken Armen hinaufhebt.

Stehe ich jetzt über ihm? Nichts könnte mir gleichgültiger sein. Nur der Umstand, dass sein Gesicht auf Höhe meiner Brüste ist, hat eine Bedeutung.
Ich finde seine momentane Zurückhaltung ein wenig süß. Aber ich finde sie auch mächtig störend. Ich will jetzt keine Zurückhaltung.

Langsam lege ich meine Finger an die Knopfleiste seines Hemdes. Ohne eine Expertin zu sein, schätze ich es auf ungefähr zweihundertfünfzig Euro. Davon ausgehend, dass Männerhemden meist ein wenig günstiger sind als Frauenblusen, wenn man sich in der gleichen Qualitätslasse bewegt.
Ein Jammer, aber… egal!
Ich schiebe meine Fingerspitzen zwischen die Knöpfe und fühle seinen Oberkörper darunter. Haut, Muskeln, Hitze. Wie soll ich mir da nicht vorfreudig auf die Lippe beißen?

Als ich langsam die Finger krümme und ein wenig verträumt zu ihm hinaufsehe, ohne mich so ganz vom wunderbaren Gefühl ablenken zu lassen, seine Haut zu streicheln, zieht er eine Augenbraue hoch. Irgendwie scheint er es zu ahnen, aber dennoch zuckt er zusammen, als ich es aufreiße. Und ich ebenso, denn ein wenig hatte ich gezweifelt, ob meine Kraft den Knöpfen gewachsen sein würde.
Der Vorhang teilt sich und ich sehe seine nackte Brust. Gierig trinke ich den Anblick. Leicht gebräunt, haarlos, makellos und perfekt definiert. Wie eine griechische Statue.
Ich will ihn anfassen. Und ihn schmecken. Aber ich kann einfach nichts weiter tun, als ihn bewundernd anzustarren. Dieser Mann ist verdammt noch mal schön!
Und glücklicherweise nicht ganz auf den Kopf gefallen…

Noch bevor ich aus dem Menü all der Möglichkeiten, die mir seine nackte Brust bietet, auswählen kann, wird er schließlich aktiv. Seine großen Hände packen die Aufschläge meiner Bluse und mit einem Ruck, der mich zum Keuchen bringt, öffnet er sie ebenfalls.
Meine Augenlider flattern, als ich seine Blicke auf meiner Haut spüre. Ich wimmere. Und ich kapituliere vor ihm, indem ich die Arme zur Seite fallen lasse. Was außerdem dabei hilft, die Bluse von meinen Schultern gleiten zu lassen.
Richard saugt scharf die Luft ein. Aus halbgeschlossenen Augen sehe ich, wie er auf meine Brüste starrt. Wie er den Anblick in sich aufnimmt. Wie er sich daran berauscht. Was auch immer er für einen Busen am liebsten mag – dieser ist offenbar absolut gut genug, um ihm Appetit zu machen.

Ohne lange suchen zu müssen, findet er die Knöpfe, mit denen mein Kostümrock geschlossen wird. Ein Ruck, der mich kurz zur Seite zieht, und er ist offen. Wie von selbst gleitet er daraufhin über meine Hüften hinab.
Sein Stöhnen, als er entdeckt, dass ich nichts darunter trage, lässt mich grinsen. Es ist ein gequälter Laut der frustrierten Begeisterung. Das hätte er offenbar gerne schon früher erfahren.
Und es gibt ihm den allerletzten Anstoß, den er noch braucht.

Ich hätte ihn anspringen und in Besitz nehmen können. Irgendwie weiß ich das. Und ich habe mich bewusst dagegen entschieden. Stattdessen habe ich diesen Mann dazu aufgefordert, genau das bei mir zu tun. Und nun tut er es.
In der Vorwärtsbewegung legt er einen Arm um meinen Rücken und hält mich. Nicht, damit ich nicht umfalle. Das tue ich so oder so, als er mich nach hinten drängt. Nur, damit er mich küssen kann und ich ihm nicht entgleite.

Hart und fordernd presst sich sein Mund auf meine Lippen und wieder erobert er mich im Sturm. Aber diesmal fühle ich auch seine nackte Haut auf meiner.
Meine Nippel kreischen vor Freude, als sie endlich direkt berührt werden. Und meine Muschi kreischt gleich mit, auch wenn sie noch nicht an der Reihe ist.
Ich selbst kann nur stöhnen, denn ich habe einen wilden und leidenschaftlichen Knebel, der mir den Atem raubt.

Richard trägt mich mehr nach hinten, als er mich schiebt. Aber das ist mir gleich. Ich warte nur darauf, dass seine Hand frei wird, um mir den Rock von den Knien zu zerren, damit ich meine Beine um seinen Körper schlingen kann.
Hektisch suche ich nach seinem Hosenbund, öffne unter viel Gefummel den Gürtel und zerre am Knopf, bis er irgendwie dem Drängen nachgibt. Mit Händen und Füßen schiebe ich dann seine Hose und Unterhose zugleich hinunter und vergesse alles andere, als ich seinen Schwanz gegen meine Muschi klatschen fühle.
Das ist es!

Kondome, Verhütung, Geschlechtskrankheiten… All das ist mir unvernünftigerweise vollends egal, als ich ihn da habe, wo ich ihn haben will. Ich muss ihm meinen Mund entziehen. Muss meinen Rücken durchdrücken, mich an ihn pressen und mit der Hüfte kreisen, um ihn irgendwie näher an meinen Eingang zu manövrieren.
Er knirscht mit den Zähnen. Vielleicht denkt er an Kondome. Aber ich gebe ihm keine Chance, diesem Gedanken Ausdruck zu verleihen.
„Fick mich!“, winsele ich so verzweifelt und flehend, dass ich selbst überrascht bin. „Spieß mich auf. Bitte! Mach schon!“

Er rutscht ein Stück hinunter und mein Kreisen erledigt den Rest. Bereiter als jetzt war ich niemals. Daher schiebt sich etwas Gigantisches ohne irgendeinen Widerstand in mich hinein.
Monate ohne Sex und dann kommt ein Mann daher, der nicht eben klein gebaut ist. Ohne meine maßlose Geilheit gäbe es vielleicht ein Problem. Aber so ist es einfach nur höllisch gut.

Ich habe dieses seltsame Gefühl, wenn etwas Stumpfes sich in meinen Körper schiebt und sich Platz verschafft, wo eigentlich nicht so richtig welcher ist, nie vermisst. Aber jetzt frage ich mich, wie ich ohne es leben konnte.
Es ist kein notwendiges Übel. Dieses Ding gehört da rein, verflucht. Ich fühle es bis in die Haarspitzen.
Es drückt und schiebt und reibt so unglaublich. Und daran hängt ein Mann, der mich in seinem Arme schließt und mich fest packt. Fester, als ich es mir je zuvor hätte gefallen lassen.

Ich ringe nach Luft und bekomme trotzdem nicht genug. Sein eindringender Penis – Schwanz! – raubt mir den Atem. Ebenso wie sein schmerzhaft harter Griff an meiner Hüfte.
Mein Mund öffnet sich und ich wimmere. Immer lauter und lauter, bis ich fast schreie. Und dann ist er in mir. Ganz. Bis zum Anschlag. Heilige Scheiße!

Ich habe nie zuvor den Moment der Klarheit erfahren, den ich gerade erlebe. Meine Augen gehen auf und ich betrachte sein angespanntes Gesicht. Seine Kiefer malen. Schweiß steht auf seiner Stirn. Seine Augen sind geschlossen. Seine Muskeln und Sehnen treten hervor. Adern pulsieren deutlich unter der Haut.
Ein Schwanz steckt in meiner Muschi und ich fühle, wie er ganz tief darin etwas berührt. Etwas, was ein köstliches Ziehen hervorruft. Aber ebenso köstlich ist das Wissen, das er ganz in mir steckt.
Ich bin erregt bis in die Fußnägel. Einige Stellen meines Körpers lechzen so sehr nach Berührung, dass ich vielleicht bei einem zufälligen Streifen schon kommen könnte. Ich bin so außer mir vor Geilheit, dass ich meinen Namen nicht mehr weiß. Aber ich bin völlig klar und wie losgelöst, als ich ihn ansehe. Und ich weiß plötzlich ganz genau, was ich will.

„Benutz mich, Richard“, stöhne ich. „Denk nicht an mich.
Fick mich, bis du kommst.
Fick mich ohne Rücksicht.“

Es gibt Männer, die das auch ohne Aufforderung einfach tun würden. Aber dieser Typ gehört nicht dazu.
Ich habe ihn völlig falsch eingeschätzt. Er wird sich nicht gehen lassen, wenn ich ihn nicht dazu zwinge. Aber ich habe eine Waffe, gegen die er machtlos ist. Und er steckt schon bis zum Anschlag darin.
Er grunzt und reißt die Augen auf. Gier und Vernunft kämpfen darin miteinander. Und ich schlage mich auf die Seite der Gier.

„Fick mich hart!“, schreie ich ihn heiser an. „Bitte! Bittebittebitte… Fick mich endlich! Wie das kleine Flittchen, das ich bin!“
Ich heule vor aufgestauter Geilheit. Und ich gewinne schließlich gegen seinen Anstand. Der wird sich hoffentlich auch irgendwo erhängen gehen.
Der kultivierte, selbstsichere Mann in Richard bricht zusammen und etwas anderes übernimmt die Kontrolle. Etwas, das in jedem erfolgreichen Geschäftsmann irgendwo steckt. Etwas Dunkles, Brutales und Hartes. Ein Raubtier. Ein Monster.

Er packt meinen Hals und ich könnte schreien vor Freude – wenn ich noch in der Lage wäre, einen Mucks von mir zu geben.
Völlig rücksichtlos stützt er sich auf mir ab und zieht sich zurück. Er holt Schwung, sein Schwanz verlässt mich fast ganz. Und dann stößt er zu. In einer einzigen, schnellen, harten Bewegung rammt er seinen Prügel in mich hinein, bis sein Becken gegen meines knallt und ich Sterne sehe.
Mein Schrei schafft es nicht aus meinem Hals. Aber ich kann immerhin meine Beine und Arme benutzen, um ihn noch fester an mich zu reißen.
Gott – im – Himmel!

Als er mit der anderen Hand eine meiner Brüste packt, verliere ich den Boden unter den Füßen. Er packt einfach nur zu und quetscht sie hart. Schmerzhaft. So wie der Moment, wenn er ganz in mir ist und etwas in mir mit der Gewalt einer Dampframme trifft.
Ich will schreien vor Schmerz und gleichzeitig jubeln vor Freude. Ich verstehe es nicht, aber es ist wunderbar.
Richard fickt mich gewaltsam. Und ich stehe unmittelbar davor, zu kommen. Aber es ist als würde seine Hand an meinem Hals mir nicht nur die Luft zum Atmen nehmen, sondern mich auch genau vor dem Point of no Return halten. Und zwar für immer und ewig.

Meine Welt besteht nur noch aus Schmerz und Lust, die ineinander übergehen. Ich habe mich noch nie so begehrt und weiblich gefühlt. Ich habe ihm die Selbstkontrolle genommen. Ich bin diejenige, wegen der er soweit die Kontrolle verliert, dass er jemanden – mich – vielleicht erwürgen wird.
Er stöhnt, keucht, schreit schließlich sogar. Sein Schwanz bewegt sich schneller ein und aus, als ich überhaupt wahrnehmen kann. Oder meine Wahrnehmung verlangsamt sich. Die Dinge verschwimmen jedenfalls vor meinen Augen und die Lust, die sich weiter und weiter aufstaut, ohne sich entladen zu können, macht mich gerade wahnsinnig. Buchstäblich.
Nach einer Ewigkeit voller Empfindungen, die ich nicht kannte, schreit er plötzlich ganz laut und versenkt sich tief in mir. Und dann zuckt sein Schwanz. Er kommt!

Das ist mein letzter, bewusster Gedanke, denn in diesem Moment nimmt er die Hand von meinem Hals und mit dem ersten Atemzug komme auch ich. Und vielleicht sterbe ich auch dabei. Aber wenn, dann war es das wert!
Alles, was sich aufgestaut hat, bricht über mich herein, als wäre ein Staudamm geöffnet worden. Schreien und Atmen erweisen sich als inkompatibel, als tue ich mehr Ersteres als Letzeres, weil es einfach wichtiger ist. Und ansonsten verliere ich völlig die Kontrolle über meinen Körper, als jede einzelne Nervenbahn beschließt, nur noch Stromschläge in mein Gehirn zu schicken.
Ich glaube kaum, dass ich es von außen betrachtet – oder auch nur einer Beschreibung nach – als den großartigsten Orgasmus meines Lebens identifiziert hätte. Aber genau das ist es. Und es knipst mir komplett die Lichter aus, lange bevor ich damit fertig bin, es zur Gänze zu genießen.

Als ich wieder da bin, ist es so plötzlich, wie das Wegbrechen. Nicht wie Aufwachen, sondern eher wie der Moment, wenn das Wasser im Ohr nach dem Schwimmen plötzlich abfließt.
Ich liege halb auf der Seite und halb auf einem warmen Körper. Richard. Und er hat einen Arm um mich gelegt und spricht. Aber nicht mit mir, wie ich gleich darauf feststelle.
„Ja“, sagt er irgendwie entschuldigend. „Tut mir leid, aber ich konnte nicht bleiben. Mir ist etwas wirklich… Wichtiges dazwischen gekommen.“

Er telefoniert. Also kann ich mir die Zeit nehmen, erst einmal gründlich über meine Situation nachzudenken. Gleich, nachdem ich meinen Zustand überprüft habe.
Ganz vorsichtige Muskelanspannungen zeigen mir, dass ich noch alle Gliedmaßen habe. Und einige Muskeln, von deren Existenz ich nichts geahnt habe. Mein Körper ist soweit intakt. Und er kündigt mir schmollend an, dass er mir morgen höllisch wehtun wird.

Eine tiefere Sondierung macht mir bewusst, dass mir Sperma aus der Vagina läuft.
Warum gefällt mir das jetzt nicht?
Ah… Ja. Mir läuft Sperma aus der Muschi. Das klingt viel besser.
Und irgendwie ist es auch nicht ekelig. Ich habe nicht den Hauch des Drangs, auf die Toilette zu gehen und mich zu säubern. Ich finde es im Gegenteil irgendwie ein wenig scharf, dass es passiert. Es beweist schließlich, dass ich nicht geträumt habe.
Was mich zur nächsten Sondierungsebene bringt…

Im Geiste berufe ich eine Vollversammlung ein und bestelle alle in mein Büro. Die Vernunft erscheint zuerst. Wie immer. Aber sie würdigt mich keines Blickes. Danach überraschen mich Weiblichkeit und Libido Hand in Hand. Sie sind vergnügt und trällern alberne Liedchen, während sie sich ganz dreist auf meinen Schreibtisch setzen.
Auf dem Platz der Würde steht ein kleiner Grabstein. Für die Emanzipation wäre nicht einmal mehr ein Stuhl vorhanden. Und da, wo sonst der Stolz sitzt, finde ich eine… wunderschöne, junge Frau vor. So habe ich mich nun wirklich noch nie selbst betrachtet. Holla…
Die mei




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