ich möchte euch hier die Geschichte von Kira und mir erzählen. Die Geschichte basiert auf meinen Tagebucheinträgen ab Dezember 2015 bis heute. Ich schiebe immer wieder Anmerkungen zu Personen, Orten usw. ein, die ich meinem Tagebuch nicht erzählen muss, euch aber natürlich schon. Einige Teile habe ich aus meinem Tagebuchgekritzel schon in’s Reine geschrieben. Diese werde ich in relativ kurzen Abständen hier veröffentlichen. Danach möchte ich mindestens einmal die Woche hier einen neuen Teil posten, bis ich irgendwann in der Gegenwart ankomme.
Teil 1 findet ihr hier:
25.12.2015 20:00
An das letzte Mal, dass ich zu einem Termin pünktlich war, kann ich mich nicht erinnern. Jetzt stand ich seit 20 Minuten vor Kiras Hauseingang und trat von einem Bein auf’s andere. Ich kannte bereits sämtliche Nachnamen auf den Klingelsc***dern auswendig und fragte mich, welcher davon ihrer war. Endlich öffnete sich die Haustür. Heraus trat eine ältere Dame. Leicht enttäuscht wandte ich mich ab um ein weiteres Mal im Kreis zu marschieren. Plötzlich spürte ich ein Tippen auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und vor mir stand Kira. „Wo kommst du denn her?“, fragte ich verdutzt. „Ich bin direkt nach meiner Nachbarin aus dem Haus gekommen, Blindfisch.“, antwortete sie. „Wollen wir in Richtung Weihnachtsmarkt gehen?“, fragte sie weiter. „Ich muss unbedingt was essen“. „Gerne“, antwortete ich ebenso kurz. Wir marschierten los.
Wir starteten ein weiteres oberflächliches Gespräch und währenddessen beobachtete ich sie. Mir fiel ein weiteres mal auf wie anmutig und wunderschön sie war. Sie hatte ihre Haare mit einem Haargummi zu einem einfachen Zopf gebunden, trug einen grünen, ausgewaschenen Parka, eine enge schwarze Hose und braune, spitz zulaufende Filzstiefelletten. Das einzige Accessoire, dass sie trug war ein breiter Wollschal. Keine Ohrringe, keine Kette, kein Make Up, kurze Nägel ohne Lack. Und trotzdem drehte sich jeder zweite Kopf nach ihr um. „Ist was?“, fragte Kira. „Nein, wieso?“ erwiderte ich. „Du bist so kurz angebunden.“ stellte sie fest. „Sorry“ entschuldigte ich mich, „ich mache das nicht mit Absicht“. Auf dem Weg Richtung zum Weihnachtsmarkt erfuhr ich erstmals ein paar Details über Kira. So verriet sie mir ihren Nachnamen, dass sie im März 26 wurde und dass sie Technische Zeichnerin gelernt hatte und nun Maschinenbau studierte, da sie es im Berufsleben oft mit unfähigen Ingenieuren zu tun hatte. Über ihre Freunde und Familie sprach sie nicht, was mir ebenfalls erspart blieb.
Mindestens so beeindruckend wie Kiras Aura war ihr Apettit. Während ich mich mit einer Portion gebratener Champignons mit Knoblauchsoße zufriedengab, verschlang sie förmlich eine 60cm Bratwurst samt sie umschließendes Baguette. Ich schob ihre Fresskapazität auf ihre Größe, denn ein Gram Fett hatte sie, soweit ich das erkennen konnte am ganzen Körper nicht. Ihre Größe stellte für mich im übrigen kein Problem da, da ich mit meinen 1,96m ebenfalls nicht grade klein bin. Wir aßen auf und bummelten an den Schaufenstern der Innenstadt vorbei. „Ich hasse shoppen“, sagte Kira irgendwann. „Ich konnte mir das lachen nicht verkneifen.“ „Was?“, fragte sie schnippisch. „Wir laufen 30 Minuten von Schaufenster zu Schaufenster und jetzt fällt dir auf dass du es hasst?“ bluffte ich. „Du hast ja anscheinend auch nichts besseres zu tun“, sagte sie mit leicht aggressivem Unterton. „Ich find’s eigentlich ganz angenehm“ sagte ich. „Wirklich?“, fragte sie ungläublig. „Ja“, antwortete ich. „Ich bin gern in deiner Nähe.“
Kira schaute mich ungläubig von der Seite an. Für einen Moment war ich mir sicher, dass sie mit dieser Antwort nicht gerechnet hatte. „Spinner!“, sagte sie schließlich und setzte sich wieder in Bewegung. „Und was machen wir morgen?“, fragte Sie nach einiger Zeit. „Wer sagt, dass wir morgen irgendwas machen?“, fragte ich zurück. „Wir haben dieses Scheiss-Weihnachten gemeinsam angefangen. Jetzt ziehen wir das auch gemeinsam durch!“ motzte sie mich an. „Na gut,“, flachste ich. „dann schlag was vor.“ „Lass uns einfach wieder spazieren gehen, ok?“ fragte sie. „Das kann ich im Moment echt gebrauchen“. „Klar!“, antwortete ich. „Soll ich dich mit dem Auto abholen und wir fahren ein bisschen aus der Stadt raus, weg von dem Weihnachtstrudel?“ frage ich. „Ja, das klingt gut“. antwortete Sie.
Wir gingen noch eine Weile spazieren und schließlich fanden wir uns bei ihrem Hauseingang wieder. „Dann bis Morgen“, sagte ich. „Gleich Zeit“, erwiderte sie. „Ok.“ sagte ich. Ich blieb noch eine Weile, nachdem sich die Haustür hinter ihr geschlossen hatte vor ihrer Tür stehen. Irgendwann ging ich nach hause.